Redebeitrag zum Thema "Durchführung eines Bürgerentscheides; hier: Lärmsanierung Deutsche Bahn - Strecke 3557 - Darmstadt - Babenhausen, Lärmschutzwand Abschnitt Münster - Altheim"
Es gilt das in der Sitzung der Gemeindevertretung gesprochene Wort!
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Herren des Gemeindevorstands, verehrte Kolleginnen und Kollegen, verehrte Zuhörerinnen und Zuhörer,
ich möchte Ihnen die Auffassung der FDP-Fraktion zum geplanten Bürgerentscheid über die Errichtung von Lärmschutzwänden durch die Deutsche Bahn AG entlang der Bahnstrecke Babenhausen–Münster erläutern.
Unsere Haltung dazu ist bekannt – dennoch möchte ich die für uns entscheidenden Argumente aufgrund der heute anstehenden Abstimmung noch einmal zusammenfassen.
Entlang der Bahnlinie bestehen in mehreren Bereichen unserer Gemeinde erhebliche Lärmbelastungen, vor allem durch den zunehmenden Güterverkehr. Berechnungen der Deutschen Bahn zeigen, dass gesetzliche Grenzwerte überschritten werden. Die Lärmschutzwand ist nach unserer Einschätzung die wirksamste Maßnahme, um die betroffenen Wohngebiete dauerhaft zu entlasten.
Individuelle Lösungen wie der Einbau schallisolierender Fenster halten wir für unzureichend, weil sie nur im Innenraum wirken, die Betroffenen trotz Zuschüssen finanziell stark belasten und keine Verbesserung im „Draußen“, also den Gärten, schaffen.
Die Maßnahme wird vollständig durch die Deutsche Bahn im Rahmen des Bundesprogramms „Lärmsanierung an bestehenden Schienenwegen“ finanziert. Für die Gemeinde entstehen somit keine oder nur sehr geringe Kosten.
Die FDP-Fraktion und die Mehrheit der Gemeindevertretung hielten es deshalb bereits im März dieses Jahres für sachgerecht, dieses Angebot anzunehmen, solange die Maßnahme finanziert wird. Eine spätere Umsetzung aus eigenen Mitteln wäre finanziell für Münster nicht tragbar. Zudem können spätere Eigentümerforderungen oder Haftungsfragen so vermieden werden.
Auch städtebaulich sehen wir Vorteile: Der Lärmschutz trägt zur Aufwertung der Wohnqualität entlang der Bahnlinie bei und entlastet bestehende und künftige Baugebiete. Optische Fragen müssen in der Detailplanung mit der Deutschen Bahn besprochen und durch Begrünung, Farbkonzepte oder transparente Elemente abgemildert werden.
Im aktuell zur Offenlage einsehbaren Regionalplan des Regierungspräsidiums Darmstadt ist zudem östlich des Inselviertels eine Fläche als Vorranggebiet Siedlung ausgewiesen. Sollte dieses Gebiet in den kommenden Jahren tatsächlich zur Erweiterung des Wohngebiets als Siedlungsfläche ausgewiesen und entwickelt werden, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Lärmschutzwand erforderlich sein – und zwar auf Kosten der Gemeinde. Mit dem Bau der Wand würden wir also nicht nur ein aktuelles Problem lösen, sondern zugleich vorausschauend handeln und eine Maßnahme umsetzen, die künftig ohnehin notwendig werden dürfte.
Lassen Sie mich aus der FDP-Fraktion heraus eines betonen: Das Bild einer von künstlicher Intelligenz generierten und von Graffiti besprühten Wand, das zeitweise in Münster plakatiert war, weiterhin aktiv in den sozialen Medien verwendet wird und die tatsächliche Größe der Wand stark überzieht, hat die Diskussion stark emotionalisiert – teils in einer Weise, die der Sache nicht gerecht wurde. Wir haben uns daran bewusst nicht beteiligt. Viele Befürworterinnen und Befürworter haben sich daher aus der öffentlichen Debatte zurückgezogen, wandten sich aber mit Briefen, E-Mails und Anrufen an uns.
Für uns bleibt entscheidend: Der Schutz der Gesundheit unserer Bürgerinnen und Bürger steht an erster Stelle. Das Risiko langfristiger gesundheitlicher Folgen durch dauerhafte Lärmbelastung wiegt für uns schwerer als mögliche ästhetische Nachteile.
Die gesundheitlichen Folgen vom Tisch zu wischen, ist vergleichbar mit dem Argument eines Rauchers – „mir geht es gut!“.
Kommen wir zur Durchführung des Bürgerentscheids.
Gegen den Beschluss vom 24. März 2025 wurde ein Bürgerbegehren eingereicht, das die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt hat. Dieses deutliche Zeichen des Wunsches nach Mitbestimmung kann und wird die FDP-Fraktion nicht ignorieren. Zu unterstellen, dass damit bereits eine Entscheidung gegen die Wand gefallen sei, halten wir für vollmundig. Dies kann nur der Stimmenvergleich von Befürwortern und Gegnern bringen. Genau darum unterstützen wir den Wunsch nach einem Bürgerentscheid und werden diesen nicht in der heutigen Sitzung „kippen“!
Der Bürgerentscheid ist die stärkste Form direkter Demokratie – Ausdruck bürgerschaftlicher Teilhabe und damit Teil unserer liberalen DNA.
Wir nehmen die Sorgen und Einwände der Bürgerinnen und Bürger ernst, auch wenn wir Argumenten wie der optischen oder sozialen Barrierewirkung oder ökologischen Bedenken in der Abwägung nicht folgen.
Gerade weil das Meinungsbild in unserer Gemeinde gespalten ist, kann der Bürgerentscheid helfen, Klarheit zu schaffen, Vertrauen in die Entscheidungsprozesse zu stärken und langfristig den Zusammenhalt in Münster und Altheim zu sichern – und um durch übermäßige Emotionalisierung geschaffene Wunden zu heilen.
Das Ergebnis – gleichgültig ob für oder gegen die Lärmschutzwand – wird eine Entscheidung aus der Mitte unseres Gemeinwesens sein und damit demokratisch unanfechtbar.
Der Bürgerentscheid wird am 15. März 2026 gemeinsam mit den Kommunalwahlen stattfinden. Auch wenn dies eine zusätzliche organisatorische Belastung für die Wahlvorstände und die Verwaltung bedeutet, ist es als einmalige Aufgabe im Sinne der Demokratie vertretbar.
Die FDP-Fraktion wird daher heute für die Durchführung des Bürgerentscheids stimmen und den Wählerinnen und Wählern empfehlen, sich mit der Frage
„Sind Sie dafür, den Beschluss der Gemeindevertretung vom 24. März 2025 zum Bau einer Lärmschutzwand aufzuheben?“ auseinanderzusetzen – und diese Frage mit Nein zu beantworten.