Münsters gemeindeeigene Wohnungen: Wo ist die Mitte zwischen ideologischer Haltung und politischem Kalkül?
Der Text stammt aus unserem Sommer-Newsletter / von Jörg Schroeter
Die gemeindeeigenen Wohnungen scheinen nur die SPD so richtig zu bewegen. Seit Monaten stehen in gut gewählten Abständen, natürlich mit starker ideologischer Prägung, Artikel in der Lokalpresse. Für die Bewohner sucht man Sicherheit und die gibt es für die SPD nur, wenn man die Wohnungen im Gemeindebestand hält und aus eigener Kraft saniert. Schön, wenn man genau weiß, was man will.
Die CDU will nun auch nicht mehr verkaufen. Wie soll man dem eigenen Wähler erklären, dass nach jahrelangem Schimpfen über die Verkaufsabsichten von z. B. Gemeindewald, nun bei den Wohnungen eine Kehrtwende vollzogen werden soll.
Wir haben – Achtung, liebe SPD – weder einen ideologischen Ansatz nach dem Motto „der Markt wird es schon richten“ noch haben wir eine politisch-strategische Argumentation wie die CDU.
Die SPD, in Person Christian Steinmetz, hatte mich in der vorletzten Gemeindevertretersitzung an der Ehre gepackt, indem er mich um eine ergebnisoffene Diskussion im Haupt- und Finanzausschuss zu diesem Thema bat. Das konnte ich bedenkenlos zusagen. In unseren Fraktionssitzungen hatten wir uns überlegt, wie man eine Sanierung aus eigener Kraft stemmen könnte – ohne bislang eine solide und umsetzbare Lösung hierfür gefunden zu haben. Von uns kam daher auch der Änderungsantrag, die Verwaltung möge doch nach Förder- und Finanzierungsprogrammen suchen, um das Thema in alle Richtungen zu diskutieren.
Dann kam die Überraschung: Die CDU ist gegen einen Verkauf des „Tafelsilbers“. So, so Tafelsilber! Nehmen wir mal 400 Euro/qm als Verkehrswert an. Bei ca. 5.300 qm Grund und Boden der Häuser macht das einen Verkehrswert von 2,12 Mio. Euro für die Gemeinde. Für uns wäre es Tafelsilber, wenn die Gemeinde frei über diese Mittel verfügen könnte. Das kann sie aber nicht ohne Verkauf und das wollen CDU und SPD ja offensichtlich nicht. So bleibt also nur die Verpflichtung, sich um die Gebäude und Wohnungen zu kümmern, sprich zu sanieren und den Werterhalt sicherzustellen und das wird teuer!
Was mir fehlt bei beiden großen Wettbewerbern ist eine klare Aussage wie der kategorische Erhalt der Wohnungen im Gemeindebesitz umgesetzt und finanziert werden soll. Das Ziel der FDP ist klar: Bezahlbarer und lebenswerter Wohnraum für die Bewohner – einfache Bauausführung, aber eben gut bewohnbar.
Was ist der Weg dahin?
Es muss saniert werden, Fenster, Dach, Isolierung, Heizung, Böden, Türen und, und, und. Eine Schätzung der Verwaltung geht von ca. 16,5 Mio. Euro aus, wobei drei erforderliche Neubauten (also keine Sanierung, sondern Abriss und Neubau) noch nicht in der Berechnung enthalten sind. Die Verwaltung hat eine Kalkulation erarbeitet, was das für Münsters Finanzen in den nächsten Jahren bedeuten würde. Unter der Annahme, man wolle den Sanierungsstau in elf Jahren beheben, müssten wir 1,5 Mio. Euro pro Jahr aufbringen. Davon etwa 1 Mio. Euro aus dem Ergebnishaushalt – jedes Jahr – elf Jahre lang. 500.000 Euro könnten als Kredit aufgenommen werden, ebenfalls elf Jahre lang. Die Verschuldung würde also in der Zeit um weitere 5 Mio. Euro anwachsen. Mir fehlt die Fantasie, wie wir das bei der schwachen Ertragslage der Gemeinde Münster in der Kommunalaufsicht genehmigt bekommen wollen. Und es fehlen dann immer noch die drei Neubauten, die in der Rechnung nicht enthalten sind.
Jetzt kommt etwas, was niemand gerne hören will, zur Wahrheit aber dazu gehört. Diese Sanierungen würden zu Mieterhöhungen führen. Anders kann es meiner Meinung nach gar nicht gehen. Ich hätte jedenfalls ein Problem damit, allen Münsterer Bürgern zu erklären, warum die Grundsteuern, Gewerbesteuern etc. in Münster steigen sollen, um die Sanierung zu finanzieren, während die Bewohner der Häuser nicht an den Sanierungskosten beteiligt würden. Das ist in meinen Augen keine neokapitalistische Ideologie, sondern eine einfache Frage für ein Problem, das man lösen muss, wenn alles in Hand der Gemeinde bleibt.
Warum strecken wir dann diese Aufgabe nicht auf 20 oder 30 Jahre? Ja, dann wird die Finanzierungssituation besser, aber einfacher lösbar wird sie nicht. Und zusätzlich fangen wir nach 15 oder 20 Jahren an die Sanierungen instand zu setzen und an selber Stelle wieder zu sanieren.
Und trotzdem bin ich und die FDP in Münster und Altheim nicht kategorisch für einen Verkauf! Aber drüber nachdenken muss man doch wohl noch dürfen.
Für mich wäre ein Verkauf vorstellbar, wenn:
- Die Bewohner einen langen Bestandsschutz haben, dass sie also in ihren Wohnungen bleiben.
- Ein Nachbelegungsrecht bei der Gemeinde verbleibt.
- Die Sanierung mit einfacher Ausführung erfolgt, also keine Luxussanierung!
- Im besten Fall die Grundstücke im Gemeindebesitz bleiben (Erbpacht).
- Eine Vorortbetreuung (Hausmeisterservice) durch den Erwerber garantiert wird.
- Die Mieten aufgrund der Sanierungen nur gering über die Zeit steigen.
- Die Wohnungen nur auf Wunsch oder bei Mieterwechsel saniert werden.
Weitere Punkte können dazu kommen.
Was könnte ein Vorteil sein?
- Eine Immobiliengesellschaft muss Aufträge nicht ausschreiben, das spart Zeit und Kosten.
- Bestenfalls ist die Gesellschaft so groß, dass sie die Sanierung mit eigenen Kräften macht, was Zeit spart und Kosten dämpft.
- Der Verkauf aller Gebäude würde zu einem Mischpreis führen, der für die Gemeinde immer noch eine Einnahmenerzielung ermöglicht.
Über all das wird nun nicht mehr geredet, schade.
Lieber Christian Steinmetz, an uns liegt es nicht, dass wir nun doch nicht ergebnisoffen diskutieren. Vielleicht ist es aber auch von Euch nicht mehr gewünscht, denn der Verkauf scheint ja jetzt vom Tisch.