Gedanken zum Demokratieverständnis - ein Kommentar von Jörg Schroeter

Jörg Schroeter, Ortsverbandsvorsitzender und Spitzenkandidat der FDP Münster Altheim zur Kommunalwahl

Ab sofort entscheidet der Bürgermeister über wichtige Maßnahmen der Gemeinde, die Gemeindevertretung soll im Anschluss aber weiter informiert werden.

Sie sind schockiert? Das sollten Sie auch! Der Bürgermeister hat die Aufgabe die Verwaltung zu führen und ist mit ihr gemeinsam Teil der Exekutive in der Gemeinde. Die Beschlüsse über Maßnahmen, die Gemeinde betreffend, werden in der Gemeindevertretung gefällt. Natürlich werden Gesetze, Verordnungen und Verfügungen auch vom Kreis, dem Land und dem Bund erlassen, aber auch hier sind diese in aller Regel durch die Parlamente als Teil der Legislative diskutiert und beschlossen worden.

Warum schreibe ich das?

Die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten beraten derzeit abseits der Parlamente (Bund und Länder) und beschließen zum Teil gravierende, die grundgesetzlich garantierten Grundrechte beschneidende Maßnahmen im Kampf gegen die Ausbreitung von COVID-19.

Dadurch kommen seit Monaten die Pandemie betreffende Beschlüsse fast ausschließlich durch ein Gremium zustande, das in dieser Form weder demokratisch legitimiert noch ein offizielles Gremium der Legislative ist. Die Parlamente werden anschließend informiert und – wen wundert es – manche Entscheidung wird dort nach kurzer Zeit wieder einkassiert.

Man kann das pragmatisch nennen, für mich ist dies eine Umgehung der demokratischen Institutionen. Gerne wird das Attribut „alternativlos“ oder der Zeitdruck als Argument angeführt. Für mich ist es weder das eine noch das andere.

Die Gewaltenteilung in der Bundesrepublik hat sich in den letzten Jahrzehnten bewährt. Sie sichert Ausgleich und Kontrolle der Entscheider auf allen politischen Ebenen und nicht zuletzt schafft sie Vertrauen bei den Bürgerinnen und Bürgern in unser politisches System.

Mir geht es dabei nicht um die getroffenen Beschlüsse im Einzelnen, wenngleich mir manche fragwürdig erscheinen. Ich habe die Befürchtung, dass sich dieser Politikstil etabliert und die Parlamente in ihren Funktionen dauerhaft beschädigt.

Vielleicht ist der oben beschriebene Prozess ein Grund dafür, dass die Akzeptanz der Maßnahmen gegen die Pandemie in der Bevölkerung zunehmend schwindet. Soweit sollten wir es nicht kommen lassen. Gerade jetzt braucht unser Land ein starkes Parlament und eine Regierung, die sich als starkes Organ der Exekutive versteht und handelt.