Bürgermeisterwahl in Münster am 26. April 2020 - Das große Interview - Teil 1
Geplant war unsere Initiative, 15 Fragen an Bürgermeister und Herausforderer zu stellen und den Wählerinnen und Wählern zur Verfügung zu stellen, bereits vor Corona. Mit den Konsequenzen der Pandemie werden die Antworten für die Bürgerinnen und Bürger vermutlich noch wichtiger, denn: Kein persönlicher Wahlkampf ist (mehr) möglich, keine Haustürgespräche und keine Podiumsdiskussionen.
Die Antworten haben wir 1:1 von Herrn Frank und Herrn Schledt übernommen, so haben wir es vereinbart. Beiden Kandidaten war bis zur Veröffentlichung nicht bekannt, was der andere geantwortet hat.
#WeilWirDemokratieLieben ist unser Motto für unsere kommunikativen Aktivitäten zur Bürgermeisterwahl. Als Freie Demokraten machen wir uns für eine hohe Wahlbeteiligung zur Bürgermeisterwahl stark. Der kommende Bürgermeister soll trotz oder gerade wegen der ungewohnten reinen Briefwahl aus einer Wahl mit hoher Wahlbeteiligung hervorgehen - rufen Sie Freunde und Nachbarn an und werben Sie für dieses Interview, aber vor allem: Bleiben Sie gesund!
Ihre FDP in Münster und Altheim
Gerald Frank:
Eigentlich geht das leider nicht kurz und knapp. Es handelt sich um komplizierte gesellschaftlich wie wirtschaftlich zusammenlaufende Prozesse. Das ist eben alles andere als oberflächlich kurz und knapp!!!
Es gilt, die Herausforderungen des demographischen Wandels und des Klimawandels anzunehmen. Beide haben soziale, wirtschaftliche und ökologische Aspekte, für die die richtigen Maßnahmen mit vielen Wechselwirkungen und Synergieeffekten zu ergreifen sind. Stichworte: bezahlbarer Wohnraum für alle Generationen, ausreichend Betreuungsplätze in Kitas und Pflegeheimen, Plus-Energiesiedlung auf dem Frankenbach-Gelände, IHK-Zertifikat „attraktiver Wohnort für Fachkräfte“ bestätigen, zukunftsorientierte Ortsentwicklung usw.
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Joachim Schledt:
Erst einmal müssen wir innerorts die Folgen der sog. Corona-Krise analysieren und abwägen, was zu tun ist. Das lässt sich heute zum Zeitpunkt der Beantwortung dieser Frage noch nicht absehen.
Unabhängig davon sehe ich folgende Themen: Die Priorisierung und Umsetzung der relevanten Projekte (z.B. Hallenbad, Kindergärten, Straßen, Vereinsförderung) und die Bereitstellung der vorhandenen Mittel.
Bei all diesen Herausforderungen dürfen wir aber die Gesamtentwicklung der Gemeinde nicht aus den Augen verlieren.
Gerald Frank:
Die Weichen in die Zukunft sind gestellt:
Die Antworten auf den demographischen Wandel bzw. auf dessen Herausforderungen sind in den letzten sechs Jahren erarbeitet worden durch:
- Forschungsprojekt AktVis der TU Darmstadt zur Innenentwicklung
- viele Bürger-Workshops bzw. Bürgerbeteiligungen
- neuer Bebauungsplan für den alten Ortskern
- Nahversorger mit Wohnungen „Im Seerich“
- Umsetzung des Projekts „Energie-Plus-Siedlung“ auf dem Frankenbach-Gelände
- Wohnungsbau mit bezahlbaren Mieten
- bedarfsgerechter Kitaausbau
- seniorengerechte Wohnungen (Nahversorger Im Seerich, Frankenbach-Gelände, alter Ortskern)
- Innenentwicklung unter anderem mit Hilfe 6 bis 7 Mio € Förderung aus dem Bund-Land-Städtebauförderprogramm „Lebendige Zentren (früher: Aktive Kernbereiche)
- besondere Aspekte der Innenentwicklung: Optimierung der Schaffung und Nutzung von Wohnraum und Attraktivitätssteigerung (z.B. neue Möglichkeiten durch neue Bebauungsplänen)
- Verkehrskonzept für Münster (Verkehrsführung, E-Mobilität, Fahrradverkehr, Carsharing …), insbesondere Altheimer Straße, Bahnhofstraße
- Fortführung der von mir initiierten Zusammenarbeit mit den Bürgermeistern von Dieburg, Eppertshausen, Rödermark und Dreieich zur Optimierung des ÖPNV, insbesondere der Verbesserung der Dreieichbahn oder der Verlängerung der S-Bahn bis nach Dieburg – perspektivisch bis Darmstadt
- Fortführung der Arbeit des auf meine Initiative eingesetzten Schwimmbad-Arbeitskreises der Bürgermeisterkreisversammlung unter meiner Leitung mit dem Ziel der Erhaltung der Bäder-Infrastruktur für 300.000 Einwohner des Landkreises (Landesförderung der notwendigen Sanierungen und Modernisierungen, nachhaltiger Beitrag des Landes und/oder Kreises zur Betrieb der Einrichtungen.
Für all diese Themen sind in den letzten 5 ½ Jahre viele Vorarbeiten geleistet worden. Diese dürfen nicht versanden, sondern müssen nun fortgeführt werden, um Münster in eine gute Zukunft zu führen.
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Joachim Schledt:
Ich bin viel näher dran an den Bürgerinnen und Bürgern, weit über meine Vereinstätigkeiten hinaus. Ich habe mehr wirtschaftliche Kompetenz, um den Haushalt wieder in den Griff zu kriegen. Kann relevantes von unrelevantem besser trennen.
Diese Liste haben wir vorgelegt: (Anm. der Verf.):
Verkehrssituation Goethestraße
Ausbau Darmstädter Straße
Entwicklung Frankenbachgelände
Neuordnung Breitefeld
Sanierung des Hallenbades
Verbesserung der Ortsdurchfahrung in Altheim
Sanierung des Rathauses
Gestaltung des Rathausplatzes
Errichtung des naturpädagogischen Erlebnispfades
Sanierung der Gemeindefinanzen
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Gerald Frank:
Nahezu alle genannten Themen sind wichtig und stehen auf meiner Agenda. Sie bestehen nahezu allesamt auch schon länger. Andere wichtige Themen fehlen, wie z.B. Regenrückhaltebecken Rathausplatz und Bürgerpark; Hochwasserschutz für den alten Ortskern (Dammerhöhung an der Gersprenz); in den nächsten 10 Jahren anstehende systematische Erhaltung unserer Straßen (Bedarf ca. 10 Mio €); weiterer Ausbau der Kitabetreuung, zu der wir gesetzlich verpflichtet sind.
Neu, d.h. erst in jüngster Zeit hinzugekommen, sind Ihrer Liste:
- die Entwicklung des Frankenbach-Geländes „Plus-Energie-Siedlung“: megawichtiges und zukunftsweisendes über Münster hinaus leuchtendes Leuchtturmprojekt, bei dem, Ortsentwicklung mit Klimaschutz und Ressourcenschutz (Energieeffizienz) unter Berücksichtigung aller wichtigen gesellschaftlichen, sozialen und auch wirtschaftlichen Aspekte
- naturpädagoisches Museum in der Muna: kein für Münster existenzielles Projekt, aber attraktiv für die Menschen und gut für das Image: UND: Über Sponsoring finanziert.
Verkehrssituation Goethestraße (gilt bereits Tempo 30 km/h, Radarkontrollen werden durchgeführt)
Ausbau Darmstädter Straße
Entwicklung Frankenbachgelände
Neuordnung Breitefeld (hier ist eine Arbeitsgruppe von Gemeindevertretern und Eigentümer vertreten sind; unerklärlich für mich, wie Herr Weber im Blättchen zitiert wird. Da geht es um Straßensanierung, ÖPNV-Haltestelle und auch um den Kauf der Straße am Waldrand zur Muna von der BIMA)
Sanierung des Hallenbades (wurde über Jahrzehnte nicht 100%ig richtig gemacht …)
Verbesserung der Ortsdurchfahrung in Altheim (schon viele Gespräche geführt, aber Untere Verkehrsbehörde und Polizei sehr bestimmend, es besteht Chance auf kleinen Bereich mit Tempo 30 km/h)
Sanierung des Rathauses (wurde mit KIP-Mittel nach der Bankenkrise 2008 nur an zwei Fassaden energetisch saniert)
Gestaltung des Rathausplatzes (basiert auf ersten Planungen von Eichler & Schauff unter Bgm. Blank, die der Kommission für Wirtschaftsförderung – ich glaube 2012 – präsentiert) wurden
Errichtung des naturpädagogischen Erlebnispfades
Sanierung der Gemeindefinanzen
À propos „Sanierung der Gemeindefinanzen“:
Mit Verlaub, den Begriff „Sanierung“ finde ich hier irreführend.
Wir haben als Gemeinde Münster ein grundsätzliches strukturelles Problem der Finanzschwäche (Steuerkraft pro Einwohner am zweitwenigsten im ganzen Kreis!), deren Ursachen weit in der Vergangenheit liegen. Wir steuern schon gegen: Wir haben beispielsweise die Tilgung der Kredite zwischen 2014 und heute von knapp 500.000 € € p.a. auf fast 900.000€ p.a. hochgefahren.
Wir haben seit 2014 eine zusätzliche Kreditaufnahme von nur 2 Mio €.
Nur 1 Aspekt: Erweiterung der Kita-Infrastruktur (Ü3-Neubau zur Kinderinsel, U3-Anbau in Altheim, Rüssel-Sanierung u.a.)
Die im Haushalt aufgrund notweniger Investitionsmaßnahmen, teilweise seit über zehn Jahren anstehen
„Fördermittel“ ist kein Fremdwort mehr für die Verwaltung, Beispiele:
LEADER-Förderungen 800.000 €; 6,5 Mio € Bu-La Förderung Lebendige Zentren (ehemals: Aktive Kernbereiche).
Wir sind auch im Fundraising erfolgreich: a) Sponsoring Kultur-Programm (seit 2015), Spendenaktionen: b) Skater-Bahn in Altheim – Wert: 40.000 €, Investitionskosten für Gemeinde = Null €; c) „555 neue Bäume für Münster“: bislang 26.000 € Spenden und 40 neuen Bäumen (wird fortgesetzt).
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Joachim Schledt:
4 Verkehrssituation Goethestraße
4 Ausbau Darmstädter Straße
2 Entwicklung Frankenbachgelände
2 Neuordnung Breitefeld
1 Sanierung des Hallenbades
3 Verbesserung der Ortsdurchfahrung in Altheim
3 Sanierung des Rathauses
Gestaltung des Rathausplatzes
Errichtung des naturpädagogischen Erlebnispfades
1 Sanierung der Gemeindefinanzen
Gerald Frank:
Dies ist meine kürzeste Antwort: Siehe Punkt 3.
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Joachim Schledt:
Solide Finanzen sind die wesentliche Grundlage, für alle Projekte der Gemeinde. Dazu zähle ich aktuell vor allem das Hallenbad. Unser Bad ermöglicht es unseren Kindern – wie damals mir in meiner Kindheit - schwimmen zu lernen, gibt Vereinen sportliche Möglichkeiten und dient den Bürger*innen aller Altersklassen.
Dazu ist es wichtig dem örtlichen Gewerbe insbesondere über das Frankenbachgelände Entwicklungsmöglichkeiten zu geben. Das Gewerbegebiet „Im Seerich“ ist dazu nicht ausreichend. Andere Möglichkeiten haben wir in absehbarer Zukunft nicht.
Naturpädagogisches Museum brauchen wir derzeit überhaupt nicht. Um den Rathausplatz kümmern wir uns, wenn der Rest erledigt ist.
Gerald Frank:
Einen auch in Zukunft gut funktionierenden ÖPNV auf die Beine zu stellen, ist eine der herausragendsten Aufgaben der Zeit für die ganze Region. Die Wirkungsmöglichkeiten einer Kommune sind auf dieser Ebene gering. Deshalb muss man Kräfte bündeln. Auf meine Initiative hat sich ein Kreis von Bürgermeistern aus Dieburg, Eppertshausen, Rödermark, Dreieich und Münster zusammengetan und unter Beteiligung der Kreisverkehrsgesellschaft Offenbach und der DaDiNa in mehreren Workshops ein Positionspapier zum Ausbau des ÖPNV verabschiedet, das die Optimierung der Dreieichbahn (Takterweiterung, Elektrifizierung u.a.) oder die Fortführung der S-Bahn zunächst bis Dieburg, perspektivisch bis Darmstadt propagiert.
Bund und Land sind gefordert, hier die Mittel aufzubringen. Es geht darum, die Infrastruktur, Trassen, Züge, Park&Ride-Plätze für den Bedarf der nächsten 30 bis 40 Jahre zu schaffen, sonst droht uns der Verkehrskollaps.
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Joachim Schledt:
Ja, da ist Bedarf.
Ideen: S-Bahn-Anschluss über Ober-Roden hinaus nach Eppertshausen, Münster bis Dieburg. Alternativ: Eine Taktverdichtung der bestehenden Dreieichbahn.
Erhöhung der Taktung von direkten Busverbindungen Richtung Darmstadt
Bessere Mitnahmemöglichkeiten von Fahrrädern in Bussen, Bahnen, Straßenbahnen
Zirkulierende Kleinbusse im Ortsbereich